Dienstag, 18. März 2014

[Rezension] "Ich bin Tess" von Lottie Moggach






Titel: Ich bin Tess
Reihe: nein
Originaltitel: Kiss me first
Autorin: Lottie Moggach
Verlag: Script5 (17. Februar 2014)
Genre: Jugendbuch
ISBN: 978-3839001585
Seiten: 349



Als ich an der letzten Frankfurter Buchmesse von diesem Titel erfahren habe, hat mich dieses brisante Thema sehr angesprochen.




Würdest du dein Leben aufgeben, um das eines anderen zu übernehmen? Leila hat Tess nie zuvor getroffen. Doch sie weiß mehr über sie als irgendjemand sonst. Tess hat Leila nie zuvor getroffen. Doch wenn sie unbemerkt aus der Welt scheiden will, muss sie Leila ihr Leben anvertrauen. Zu Beginn ist es leicht für Leila, sich online als Tess auszugeben. Niemand durchschaut ihr Spiel. Doch wie lange lässt sich eine solche Lüge aufrechterhalten? Okay, nehmen wir uns einmal dieses hypothetische Dilemma vor: Eine Frau leidet an einer Krankheit, die an und für sich nicht lebensbedrohlich ist, aber ihre Lebensqualität stark einschränkt und auch nicht heilbar ist. Nach reiflicher Überlegung kommt sie zu dem Schluss, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Aber sie weiß, dass sie damit ihrer Familie und ihren Freunden großen Kummer bereiten würde und handelt daher nicht. Dennoch wünscht sie sich verzweifelt den Tod und an dieser Einstellung ändert sich auch über die Jahre nichts. Irgendwann kommt sie zu dir und sagt, ihr sei ein Weg eingefallen, wie sie ihren Plan in die Tat umsetzen kann, ohne ihre Familie und ihre Freunde unglücklich zu machen, aber dafür brauche sie deine Hilfe. Was würdest du tun? Würdest du ihr helfen?
(Bild- & Textquelle: cbj)



Einstieg ins Buch:
Es war ein Freitagabend und das Projekt lieft seit ungefähr neun Wochen. Tess' Stimme klang ganz normal, aber ich konnte sehen, dass sie geweint hatte, und ihr schmlaes Gesicht war blass.

Die Thematik von "Ich bin Tess" ist brisant und wieder einmal etwas ganz Neues. Sterbehilfe ist ja ein heiss diskutiertes Thema, doch wie sieht es mit Online-Suizid-Hilfe aus?

Das Buch ist aus der ich-Perspektive von Leila erzählt, es ist eigentlich ihr Bericht über dieses gewagte Projekt 'Tess'. Nachdem ihre Mutter gestorben ist, lebt sie total abgeschottet in einer winzigen Wohnung und verbringt die meiste Zeit an ihrem Laptop. Facebook und seinen dubiosen Statusmeldungen steht sie eher kritisch gegenüber, dafür zockt sie umso lieber Onlinespiele. Dann stösst sie auf das Internetforum "Red Pill", in dem über Gott und die Welt debattiert und philosophiert wird. Schnell wird einem klar, dass Leila sehr intelligent ist und das bleibt auch dem Administrator der Seite nicht verborgen und bald wird sie in einen inneren Kreis aufgenommen und sogar zu einem Treffen eingeladen.
Da Leila sehr fasziniert ist von Adrian, geht sie darauf ein. Den beiden geh der Gesprächsstoff nicht aus, doch plötzlich rückt Adrian mit seinem eigentlichen Anliegen heraus: Er möchte, dass Leila Tess hilft. Diese wollte schon lang Suizid begehen, möchte aber Freunde und Familie nicht traurig zurück lassen. Aus diesem Grund soll Leila virtuell ihr Leben übernehmen.

Nur kurz stellt sich für Leila die Frage, ob sie dieses doch sehr gewagte Projekt übernehmen soll, doch sie ist der Meinung, dass jeder das Recht über die Bestimmung seines eigenen Lebens hat und somit auch über den eigenen Tod.

Im Leben geht es um Qualität und nicht um Quantität, darum bleibt es jedem Individuum selbst überlassen, ob das seine es Wert ist, weitergelebt zu werden oder nicht."     (Leila, Seite 52)

Somit beginnt für Leila eine langwierige Recherchearbeit und für mich als Leser ein doch recht zäher Teil, durch den ich mich stellenweise durchbeissen musste. Leila muss nämlich Tess ganz genau kennenlernen. Wer sie ist, wie sie agiert, reagiert, denkt und schreibt.
Tess ist das totale Gegenteil von ihr. Sie ist offen, bunt, laut ..... aber eben auch manisch-depressiv, was auch der Grund für diesen Ausstieg aus dem Leben ist.
Leila hat ein detailliertes Leben für Tess entworfen und nach deren Auschecken übernimmt sie alle Kontakte von ihr. Da sich ihr Leben fast ausschliesslich vor dem Bildschirm sitzt, wächst sie immer mehr in Tess' Rolle hinein und langsam aber sicher vermischen sich ihre beiden Identitäten. Doch es kommt wie es kommen muss: Ihre hart erarbeitete Fassade bekommt zuerst nur kleine Risse und beginnt dann zu bröckeln ....
Und an dieser Stelle nimmt die Geschichte an Fahrt auf und konnte mich im letzten Drittel doch noch faszinieren.

Ich glaube, ich fange langsam an zu akzeptieren, dass es im Leben nun mal nicht nur Schwarz und Weiss gibt, genauso wenig wir auf jede Frage eine Antwort. Es werden immer ein paar Grauzonen übrig bleiben und vielleicht ist das auch gar nicht so schlimm.     (Seite 348)




"Ich bin Tess" tischt einem ein äusserst schwieriges Thema auf, das die meisten von uns bestimmt moralisch nicht unterstützen könnten. Umso interessanter ist die Thematik.
Leider konnte mich Lottie Moggach erst im letzten Drittel des Buches packen, zuvor musste ich mich durch eine doch recht zähe Kennenlern- und Recherchephase arbeiten.











Lottie Moggach ist freiberufliche Journalistin, liebt ihre Heimatstadt London und hat ein Faible für das 18. Jahrhundert. In ihrer Freizeit spaziert sie am liebsten mit ihrem Sohn durch die Straßen der britischen Hauptstadt und träumt davon, in einem der georgianischen Häuser zu wohnen. Die Idee zu ihrem ersten Roman Ich bin Tess kam ihr vor einigen Jahren, als sie viel zu viel Zeit mit Facebook verbrachte.

(Bild- & Textquelle: Loewe Verlag)


3 Kommentare:

  1. AAAARGH. Es hört sich soooo gut an. Identitätswechsel und -Übernahme haben wir gerade in Deutsch durchgenommen und es hat mich richtig fasziniert. Ich will es einfach haben. Danke für die Rezi :)

    Liebste Grüße
    Tabea
    Im Kopf eines Bookaholic

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  2. Huhu,
    mir gings genauso wie dir. Ich fand das Buch anfangs ziemlich zäh... mehr als 3 Punkte kann in dem Buch auch nicht geben dafür hat es mir einfach an Spannung gefehlt.

    LG ♥

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  3. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Ich habe das Buch in etwas so empfunden: gut - zäh - gut. Wie du schon sagst dieses ganze Kennenlernen zieht sich. Manchmal mehr manchmal weniger. Und das dann in Verbindung mit dem Schriftbild, war ein ... Erlebnis. :)

    Liebe Grüße
    Katja

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