Montag, 9. März 2015

[Rezension] "Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich" von Liv Marit Weberg





Titel: Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich
Autorin: Liv Marit Weberg
Übersetzer: Hinrich Schmidt-Henkel
Genre: Jugendbuch, Coming-Of-Age
Verlag: FISCHER Sauerländer (19. Februar 2015)
ISBN: 978-3737351706
Seiten: 224
empfohlenes Lesealter: 14 - 17 Jahre





Das Debüt aus Norwegen wurde mir ans Herz gelegt, so dass ich herausfinden musste, was hinter dem Windrad steckt.





Was macht man, wenn man zum ersten Mal alleine wohnt, aber viel zu schüchtern ist, um mit der neuen Freiheit etwas anzufangen? Anne Lise versteckt sich erfolgreich in ihrem Schneckenhaus und lässt nicht einmal ihren Freund Tore so richtig an sich heran. Bis Tore genug davon hat und sie völlig entnervt verlässt. Bis sie ihren Studienplatz verliert. Und bis ihre Eltern ihr den Unterhalt streichen. Aber so ohne weiteres gibt Anne Lise nicht auf! Kurzerhand nimmt sie ihr Leben selbst in die Hand und sucht sich einen Job. Und dabei wird Anne Lise bemerkt und gegen ihren Willen kennengelernt. Zum Glück!
(Bild- und Textquelle: Fischer Sauerländer)





Einstieg ins Buch:
Die meisten von uns haben ja irgendwann die Schule hinter sich. Mit Schule meine ich die weiterführende. Man denkt, das schafft man nie, aber dann ist es doch so weit.

Hier stellt sich wieder einmal die Frage, mit welchen Erwartungen man an ein Buch herangeht. Der Verlag preist "Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich" als EINEN FEEL-GOOD ROMAN ZUM LESEN UND LIEBEN an. Das hübsche, in Pastelltönen gehaltene Cover verspricht das gleiche .... nach der Lektüre passt alles dann trotzdem ... auf den zweiten Blick. 

Anne Lise erzählt uns im Präsens, wie sie nach Oslo in eine winzige Wohnung zieht, um dort Entwicklungspolitik zu studieren. Sie ist wahnsinnig schüchtern und introvertiert und als sie mit etwas Verspätung bei der ersten Schulveranstaltung ankommt, traut sie sich nicht einmal sich dazuzugesellen und hat schon Angst, dass nun der Zug in Sache Freunde abgefahren sei. Doch das ist erst der Anfang. In einigen Szenen handelt Anne Lise derart weltfremd, dass mir der Mund offen stehen blieb, oder aber sie handelt gar nicht mehr, sondern verschanzt sich in ihrer 'Schuhschachtel' bis ihr Nudeln und Haferflocken ausgehen. Auch ihr Umgang mit ihren Eltern oder Gleichaltrigen ist oft regelrecht grotesk, dass ich mich mehrfach fragen musste, was mit Anne Lise nicht stimmt, denn das geht weit über eine normale Schüchternheit hinaus. Man bekommt das Gefühl, dass sie ihr Leben so gar nicht auf die Reihe bekommt, keinen eigenen Antrieb hat, alleine nicht überlebensfähig ist. Doch zum Glück gibt es dann doch noch jemanden, der sie bemerkt ....

Ich  habe nicht die geringste Ahnung, wo irgendetwas ist, ich weiss ja kaum, wo ich selbst bin.      (Seite 70)

So kann man sich denken, dass Anne Lise keine einfache Protagonistin ist. Oft wollte ich sie wach rütteln, sie anschupsen, damit sie in die Gänge kommt und ihren Lebensball ins Rollen bringt. Und obwohl ich ihr gegenüber sehr zwiegespalten war, entlässt sie uns am Ende mit einem guten Gefühl und Hoffnung.

"Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich" ist in viele, manchmal sehr kurze Kapitel gegliedert. Wie die Protagonistin und die Geschichte ist auch der Schreibstil sehr speziell und gibt uns ein passendes Gesamtbild. Anne Lise erzählt manchmal etwas kindlich naiv, manchmal in abgehakten Sätzen, aber sehr oft mit einem äusserst trockenen Humor, der nicht immer gleich an der Oberfläche zu finden ist. Und so muss man sich auf Liv Marit Webergs Debüt einlassen können, um seinen Feel-Good-Roman zu bekommen.

Die Menschen an sich sind ja ganz in Ordnung, solange man sie auf Abstand hält.     (Seite 74)





An "Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich" ist wohl alles besonders: die Protagonistin, der Schreibstil, aber auch die Handlung. Und so braucht es etwas Geduld und die Bereitschaft, Anne Lise eine zweite Chance zu geben, um dann eine tiefgründig, unkonventionelle Geschichte zu bekommen.
Liv Marit Webergs Debüt ist alles andere als Mainstream - eine ungeschliffene Perle, die man erst einmal bemerken muss.






   

  1. Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich
  2. Zum Glück braucht mich niemand          → zu meiner Rezension




Liv Marit Weberg wurde 1988 als schüchternes kleines Mädchen geboren und lebt heute in Oslo. Sie hat am Norwegischen Kinderbuchinstitut literarisches Schreiben studiert und ihren Master in Nordischer Literatur an der Universität Oslo gemacht. In ihrem Debütroman ›Zum Glück bemerkt mich niemand … dachte ich‹ verarbeitet sie auch ihre eigenen Erfahrungen – auf die Spitze getrieben!
(Textquelle: Fischer Sauerländer)




4 Kommentare:

  1. Ich fand ja leider keinen Bezug zu dem Buch, auch wenn ich denke, dass es für viele eine kleine Leseperle sein könnte. Aber mir ging Anne Lise eindeutig gegen Strich. :-D

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    1. Hi Bianca

      Das kann ich auch sehr gut nachvollziehen. Ich war ihr gegenüber auch sehr zwiegespalten und ich bin eigentlich überzeugt, dass sie eine Art von Persönlichkeitsstörung hat, denn ihr Benehmen geht ja sehr oft gar nicht.

      lg Favola

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  2. Das Buch hört sich echt gut an, wobei mir der Schreibstil in der Buchhandlung nicht so sehr zugesagt hat, muss ich sagen. Ich habe auch nicht viel reingelesen, nur ein bisschen, aber dennoch :)
    Vielleicht probiere ich es irgendwann einmal wieder :)

    Alles Liebe

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    1. Huhu Carly

      Ich glaube, in dem Fall würde ich die die Leseprobe empfehlen, denn das Buch und vor allem Anne Lise sind schon sehr speziell.

      lg Favola

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