Titel: In dieser ganz besonderen Nacht
Reihe: nein
Autorin: Nicole C. Vosseler
Genre: Jugendliteratur, Fantasy
Verlag: cbj (25. Februar 2013)
ISBN: 978-3570155349
Seiten: 576
vom Hersteller empfohlenes Alter: ab 12 Jahren
Von Nicole C. Vosseler haben wir schon das eine oder andere Buch in der Bibliothek. Und da sie in Konstanz lebt (ich habe 8 Jahre in Kreuzlingen gewohnt), hat es mich schon seit längerem gereizt, ein Werk von ihr zu lesen. Als ich dann "In dieser ganz besonderen Nacht" in der Verlagsvorschau von cbj entdeckte, wusste ich, dass es das sein wird.
Nach dem Tod ihrer Mutter muss Amber, die in einer deutschen Kleinstadt gelebt hat, nach San Francisco ziehen – zu ihrem Vater, den sie kaum kennt. Sie fühlt sich einsam und verlassen. Eines Abends begegnet sie dort in einem leer stehenden Haus Nathaniel, einem seltsam gekleideten Jungen. Er scheint der Einzige zu sein, der sie versteht. Aber er bleibt merkwürdig auf Distanz. Als Amber den Grund dafür erfährt, zieht es ihr den Boden unter den Füßen weg: Nathaniel stammt aus einer anderen Zeit und die beiden können niemals zusammenkommen. Doch in einer ganz besonderen Nacht versuchen die beiden das Unmögliche …(Bild- und Textquelle: cbj)
Einstieg ins Buch:
Wenn man stirbt, so heisst es, zieht das ganze Leben an einem vorbei. Aber als ich starb, war es nur die Erinnerung an das letzte Jahr, die durch mich hindurchschoss.
Die 16-jährige Amber hat einen schweren Schicksalsschlag hinter sich. Sie begleitete ihre Mutter, die einen Hirntumor hatte, bis zum letzten Atemzug und muss nach der Beerdigung zu ihrem Vater, den sie mehr von Fotos kennt, nach San Francisco ziehen.
Dort abgekommen ist sie hilflos überfordert. Sie wurde völlig entwurzelt. Nicht nur ihre Mutter hat sie verloren, sie musste auch ihre gewohnte Umgebung, ihr Freunde, alles in Deutschland zurück lassen. Trauer und Wut lassen sie eine innere Mauer errichten und sie ist nicht bereit, ihr neues Leben zu akzeptieren.
Die Geschichte ist vorwiegend aus der Perspektive der Protagonistin Amber geschrieben. So bekommen wir ihre Trauer, ihre Verzweiflung und vor allem auch all ihre aufgestaute Wut hautnah zu fühlen. Nur sehr langsam kann sie sich Schritt für Schritt öffnen und neue Menschen an sich ranlassen, was für mich sehr realistisch erscheint.
Immer erwischte es mich unvorbereitet, und immer genau dann, wenn ich gerade einmal für fünf Minuten nicht daran gedacht habe, dass Mam nicht mehr da war. Ich hasste diese Art von Mitgefühl, die wie eine trübe Brühe an mich hinschwappte und mich durchtränkte, dass ich bis ins Mark fror und mir schlecht wurde. (Seite 28)
Nach einem Zwischenfall flüchtet Amber in ein leer stehendes Haus an der Franklin Street, in dem sie sich sofort gut aufgehoben fühlt. Dort trifft sie auf Nathaniel, den sie vorerst für einen Obdachlosen hält. Doch Nathaniel ist ein Geist, eine verlorene Seele und sie kann ihn sehen und hören.
Ab Kapitel 11 gibt es immer wieder kleinere Abschnitte, die Nathaniels Sicht schildern. Durch diese kursiv gedruckten Sequenzen erfahren wir vor allem mehr über seine Gefühls- und Gedankenwelt.
Sie war hübsch. Nicht so wie die Mädchen, die einem die Sprache verschlagen und bei denen man sich aufführt wie der letzte Tölpel. [...] Ich musste an grüne Äpfel denken, an die mit der harten Schale. Die zuerst herb sind und in denen dann doch eine unerwartete Süsse steckt. (Nathaniel, Seite 105)
Für mich ist in diesem Buch nicht einmal die zarte Liebesgeschichte der Höhepunkt sondern die verschiedenen Charaktere. Nicht nur die beiden Protagonisten Amer und Nathaniel konnten mich überzeugen, auch ihre Freunde Matt, Shane, Holly, Abby und ihr Vater Ted sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Nicole C. Vosseler schafft es, jedem von ihnen eine einmalige Identität zu erschaffen und ihnen Leben einzuhauchen. Vor allem Matt, der punkige Asiate, ganz nach dem Motto "harte Schale, weicher Kern" hat es mir angetan.
Nicole C. Vosseler hat einen wunderschönen und detailverliebten Schreibstil. Ihre Beschreibungen lassen einen eintauchen und ich sah immer San Francisco vor mir, das ich vor gut drei Jahren selber erleben durfte. Es war ein Wiedersehen mit einer tollen Stadt. Man merkt, dass die Autorin längere Zeit in dieser Stadt an der Westküste verbracht hat und ein Stück ihres Herzens dagelassen hat.
Mit ihren bildhaften Beschreibungen schafft sie es, eine ruhige, jedoch dichte und melancholische Atmosphäre aufzubauen.
Ich sah mich wieder auf dem Friedhof stehen, zwischen den Gerippen der Bäume, die sich dunkel gegen den blassen Winterhimmel abzeichneten. Die nackten Äste reckten sich in die Höhe, als wollten sie sich verzweifelt an den fahlgrauen Wolken festklammern, weil ihre Wurzeln im Boden keinen Halt mehr fanden. (Seite 7)
Vieles konnte man sich für den Verlauf der Geschichte ausmalen, doch das wirkliche Ende kam dann doch sehr überraschend. Sicherlich sehr schön für alle Romantikerherzen, doch meiner Meinung nach war es sogar ein bisschen zuviel des Guten. "Love ist in the Air" . . .
"In dieser ganz besonderen Nacht" ist ein leises Buch über grosse Gefühle. Verlust, Trauer und Liebe stehen im Mittelpunkt der Geschichte.
Diese geballte Ladung Emotionen, die einmaligen Charaktere und der schöne, detailverliebte Schreibstil der Autorin haben mir kurzweilige Lesestunden beschert.
Nicole C. Vosseler, geboren 1972 in Villingen-Schwenningen, studierte Literaturwissenschaft und Psychologie in Tübingen und Konstanz, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete. Mit ihren Romanen „Unter dem Safranmond“, „Sterne über Sansibar“ und „Der Himmel über Darjeeling“ feierte sie große Erfolge. Die Autorin lebt am Bodensee – mit knapp zweitausend Büchern unter einem Dach.(Bild- und Textquelle: cbj)
Eine sehr sympathisch "Selbstbeschreibung" und 22 völlig unnütze Fakten findet ihr auf der Homepage der Autorin: *klick*
Das Ende war einfach fantastisch! Mir war es zeitweise aber etwas ZU detailverliebt. Aber das ist ja Geschmacksache :-)
AntwortenLöschenAber schön, dass es auch dich emotional so mitnehmen konnte...
Glg
Steffi
Hallo Favola,
AntwortenLöschendas Buch steht schon auf meiner Wunschliste und rutscht nun gleich ein Stückchen weiter nach oben.
LG
Sabine
Ich hab geheult, wie schon lange nicht mehr. Aber auch ich fand das Ende etwas to much.
AntwortenLöschenIch habe das Buch auch ganz gerne gelesen, aber auch mir waren einige Beschreibungen zu viel und die letzten 10 - 12 Seiten hätte ich ebenfalls nicht gebraucht :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
MacBaylie